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Dodson, C.T.J., Gonzalez, E.A., Experiments in Mathematics Using Maple

Springer Verlag, ISBN 3-540-59284-9, 1995, pp. 465, DM 48,-.  

Experiments In Mathematics Using Maple ist für die Mathematiklehre mit Hilfe eines Com -pu -ter -al -ge -bra-Sy -stem s bestimmt. Das Buch ist eine erweiterte Version der von denselben Autoren hergestellten Maple-Worksheets, die per Anonym-FTP unter
ftp://ftp.utirc.utoronto.ca/pub/ednet/maths/maple erhältlich sind.

Auf die letzten zwei Jahren der (kanadischen) Sekundärschule abgezielt, umfaßt das behandelte Material Elementaralgebra, -statistik und -differentialrechnung. Ziel der Autoren ist, daß dieses Buch in Zusammenhang mit Maple als Lehrschrift oder Zusatzmaterial für dieses Niveau benutzt werden kann. Die Autoren vertreten die Philosophie des Lernens mittels vieler Beispiele, bei dem Maple das lästige Rechnen abnimmt. Von den graphischen Möglichkeiten wird viel Gebrauch gemacht, um die behandelten Probleme zu motivieren oder um Intuition zu fördern.

Das Buch besteht aus zwei Hauptteilen -- Pre-Calculus Mathematics und Beginning Calculus -- und zwei großen, fast 150 Seiten umfassenden Anhängen, die voll ausgearbeitete Lösungen zu den zahlreichen Übungen enthalten. Pre-Calculus Mathematics beginnt zunächst mit einer kurzen Einführung (14 Seiten) in Maple und behandelt dann Funktionen, quadratische Gleichungen, Polynome, Exponential- und Logarithmusfunktionen, Trigonometrie, Sequenzen und Reihen, als auch Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung. Darüber hinaus gibt es auch einige Paragraphen über Dreieckgeometrie. Beginning Calculus fängt mit einem Überblick über Kurvensekanten und -tangenten an und fährt mit Grenzwerten, Ableitungen, Kurvendiskussionen und Integralrechnung fort. Schließlich wird die Differentialrechnung der exponentialen und trigonometrischen Funktionen behandelt.

Damit wird der Hauptteil des Programms für die betroffenen Schuljahre abgedeckt, obwohl es vielleicht für andere Länder notwendig wäre, den Umfang auf Matrizen, Kegelschnitte und komplexe Zahlen zu erweitern (die letzteren machen in einigen Beispielen Überraschungsauftritte).

Die Autoren erhoffen sich von der benutzen Methode, daß der Student durch das Ausführen zahlreicher Beispiele mittels Maple Einsicht gewinnt. Für den Fall, daß das Problem sich durch ein Bild illustrieren läßt, scheint dies sicherlich rentabel, und die Autoren nützen diese Einrichtung Maples gut aus.

Auf der andere Seite ist die Menge an Erklärungen, die für die behandelten mathematischen Begriffe angeboten wird, mangelhaft, um es milde auszudrücken. Zum Beispiel wäre ein Student, der nicht schon vorher über Altituden und Orthozentren von Dreiecken Bescheid gewußt hätte, auch nach dem Lesen dieses Buches nicht klüger, denn die einzige vorhandene Erklärung ist ein Beispiel mit den Maple-Befehlen altitude und orthocenter. In einigen Fällen werden sogar falsche Erklärungen gegeben. Zum Beispiel findet man in Paragraph 18.3 über Asymptoten den Hinweis, daß, wenn der Maple-Befehl limit(f(x),x=infinity) das Resultat infinity ergibt, f keine Schiefasymptoten hat. Daß das darauffolgende Beispiel f(x)=(2x2+6x+5)/(x+2) mit Asymptote y=2x+2 diesen Test auch nicht besteht, wird sicherlich für Verwirrung unter aufmerksamen Studenten sorgen.

Auch sind die Maple-Befehle, die gebraucht werden, mangelhaft erklärt. Besonders die häufig und verschieden gebrauchten Befehle wie simplify, factor, expand und value werden fast nie begründet, sodaß der Student fast ahnungslos bleibt, wo und warum diese Befehle einzusetzen sind.

An verschiedenen Stellen haben die Autoren offensichtlich die Beispiele aus einigen aufeinanderfolgenden Paragraphen in einer einzigen Maple-Session gerechnet, ohne die Umgebung dazwischen neu einzustellen, mit einigen bedauernswerten Texten als Folge. Etwa der Output des trapezoid Befehls in Paragraph 20.10, die die Trapezoid-Annäherung zu einem Integral für eine allgemeine Funktion f zeigen soll, gibt stattdessen eine explizite Form für die in dem vorhergehenden Paragraphen über partielle Brüche definierte Funktion f.

Die ausgedehnten Anhänge von ausgearbeiteten Lösungen sind ein großer Vorteil des Buches, durch den sein Wert als zusätzliches Material zu einem mehr pädagogischen Buch steigt. Aber auch hier mangelt es an Begründungen und in einigen Fällen an Relevanz. Als Antwort auf die Frage ``Differentiate xy(x)2=12 implicitly and solve for y(x)'' wird die Lösung einfach per Hand in der rechten Seite der Differentialgleichung für y eingeschoben. Daß dies tatsächlich die Lösung ist, oder etwa wie sie zustande kam, wird indessen überhaupt nicht erwähnt.

Es ist klar, daß Computeralgebra eine zunehmende Rolle in der Mathematiklehre haben wird, und daß Nicht-Mathematiker mit einer oberflächlicheren Beherrschung der Mathematik hinter den Befehlen, die sie eintippen, auskommen werden. Dieses Buch kann als ein wackeliger Schritt in diese Zukunft gesehen werden, wird aber wahrscheinlich zu Verwirrung und Frustration, sowohl über Mathematik als auch über Maple unter den Studenten führen.

David Hartley (St. Augustin)

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Ulrich Schwardmann
Thu Jul 18 09:41:26 MET DST 1996